Delcantos Hits - Weitere GEMA-Entscheidung - Auch Lizenzverträge über vermeintliche Werke grundsätzlich wirksam
von Dr. Sandra Wagner (Kommentare: 0)
BGH, Urt. v. 02.02.2012, Az. 1 ZR 162/09 - Delcantos Hits
Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine Klage von zwei Komponisten, die mit Hilfe von Keyboards und Computertechnik zahlreiche Musikstücke geschaffen hatten, gegen die GEMA. Diese nimmt aufgrund geschlossener Berechtigungsverträge die Rechte der Kläger für ihre Werke wahr.
Die Kläger, nämlich die beiden Komponisten und eine unter anderem von diesen Komponisten gegründete GmbH, die auch als Musikverlag tätig ist, machten Ausschüttungsansprüche für veranstaltete Musikaufführungen geltend.
Die GEMA bestritt den Urheberrechtsschutz und verweigerte die Zahlung. Zudem machte sie Erstattungsansprüche für Detektivkosten von über 72.000 EUR geltend, mit denen sie aufrechnen wollte.
Während das Landgericht Berlin die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen hatte und die Berufung erfolglos verlief, hat nun der BGH entschieden, dass die im Gewerblichen Rechtsschutz entwickelten Grundsätze zur Leerübertragung grundsätzlich im Urheberrecht entsprechend anwendbar sind.
„Danach ist ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag über die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten an einem vermeintlichen Werk nicht deshalb unwirksam, weil das vermeintliche Werk tatsächlich keinen Urheberrechtsschutz genießt. Der Lizenzgeber eines solchen Lizenzvertrages kann grundsätzlich die vereinbarte Vergütung beanspruchen, solange der Lizenzvertrag besteht und dem Lizenznehmer eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft.“
Solange das urheberrechtliche Scheinrecht unangefochten vom Lizenzgeber und respektiert von Mitbewerbern ausgenutzt werden kann, habe der Lizenznehmer eine wirtschaftliche Vorzugsstellung, die es rechtfertige, von der Rechtsverbindlichkeit des Lizenzvertrages und damit auch von der Zahlungspflicht auszugehen.
Allerdings macht der BGH in einem nächsten Schritt deutlich, dass von diesen Grundsätzen durch Parteivereinbarung abgewichen werden kann. Vorliegend war dies im Rahmen der Berechtigungsverträge der Fall. Danach müssen die Kläger bei berechtigten Zweifeln das Vorliegen der Schutzvoraussetzungen des Werkes nachweisen. Der BGH hält diese Risikoverteilung grundsätzlich für wirksam.
Allerdings sieht der BGH einen Verfahrensfehler darin, dass ein Sachgutachten über das Vorliegen urheberrechtlich geschützter Werke nicht durch das Landgericht eingeholt wurde.
Die Angelegenheit ist nunmehr an das KG zurückverwiesen und wird nun – seit der Zurückverweisung – von Prof. Dr. Paul W. Hertin betreut.