Fast alles zum Abschlussschreiben
von Dr. Hermann-Josef Omsels (Kommentare: 0)

Mit der Entscheidung ‚Kosten für Abschlussschreiben II‘ (BGH, Urt. v. 22.1.2015, I ZR 59/14) ist das Thema Abschlussschreiben fast abschließend geklärt. Dass ein Abschlussschreiben der Erhebung einer Hauptklage vorgeschaltet werden sollte, da andernfalls ein sofortiges Anerkenntnis mit ungewünschter Kostenfolge droht, musste nicht mehr geklärt werden. Höchstrichterlich nicht abschließend geklärt war allerdings,
- wie lange mit dem Abschlussschreiben gewartet werden muss, bevor der Adressat dessen Kosten erstatten muss,
- wie lange Zeit ihm gegeben werden muss, um eine Abschlusserklärung abzugeben und
- welche Kosten durch die Versendung eines Abschlussschreibens entstehen.
Der BGH unterscheidet beim Zeitraum, binnen der einer Abschlusserklärung abgegeben werden muss, bevor gefahrlos Klage erhoben werden kann, zwischen einer Wartefrist und einer Erklärungsfrist. Die Wartefrist beschreibt den Zeitraum, der bis zum Abschlussschreiben abgewartet werden sollte. Die Erklärungsfrist ist der Zeitraum, die dem Unterlassungsschuldner bis zur Abgabe der Abschlusserklärung eingeräumt werden sollte. Eine Missachtung der Wartefrist führt dazu, dass der Unterlassungsschuldner die Kosten für das Abschlussschreiben nicht erstatten muss. Eine Missachtung der Erklärungsfrist begründet die Gefahr, dass der Unterlassungsschuldner eine frühzeitig erhobene Klage mit einer für den Kläger negativen Kostenfolge sofort anerkennt. Die Missachtung einer oder beider Fristen kostet den Unterlassungsgläubiger im Ergebnis also schlimmstenfalls ‚nur‘ Geld.
Ansonsten gilt hinsichtlich der Warte- und Erklärungsfrist:
Die Summe beider Fristen darf nicht kürzer als die Berufungsfrist sein, d.h. ein Monat. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Urteils (von Amts wegen) oder der Beschlussverfügung (im Parteibetrieb).
Die Wartefrist beträgt bei einer durch Urteil erlassenen oder bestätigten einstweiligen Verfügung - unter Berücksichtigung von Sams-, Sonn- und Feiertagen am Wohn- oder Geschäftssitz des Unterlassungsschuldners (§ 193 BGB) - zwei Wochen.
Die Wartefrist bei einer durch Beschluss erlassenen einstweiligen Verfügung beträgt – wiederum unter Beachtung von § 193 BGB – im Regelfall drei Wochen. Diese Konstellation lag der Entscheidung nicht zugrunde. Man kann die drei Wochen-Frist aber als obiter dictum verstehen.
Als Erklärungsfrist sollten mindestens zwei Wochen gewährt werden. Enthält das Abschlussschreiben eine zu kurze Erklärungsfrist, wird stattdessen eine angemessene Erklärungsfrist in Gang, während deren Lauf der Schuldner durch § 93 ZPO vor einer Kostenbelastung durch die Erhebung einer Hauptsacheklage geschützt ist. In dem Urteil bleibt offen, ob die Erklärungsfrist kürzer sein darf, wenn mit dem Abschlussschreiben drei Wochen oder länger gewartet wurde.
Wenn mit die Wartefrist eingehalten wurde und der durch die einstweilige Verfügung vorläufig abgesicherte Unterlassungsanspruch dem Grunde nach besteht, ergibt sich der Kostenerstattungsanspruch als Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB). Da keine Regelungslücke besteht, bedarf es insoweit keiner analogen Anwendung von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.
Die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs erfreut insbesondere die Rechtsanwälte. Nachdem sich in der Praxis infolge der Rechtsprechung des BGH zur ersten Entscheidung mit dem Titel ‚Kosten für Abschlussschreiben‘ bereits ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe einer 0,8 Geschäftsgebühr etabliert hatte, hält der BGH im Regelfall eine 1,3 Geschäftsgebühr für gerechtfertigt. Bei einem Abschlussschreiben handele es sich in der Regel nicht um ein Schreiben einfacher Art nach Nr. 2302 RVG-VV, sondern um eine durchschnittliche Rechtssache. Dafür falle die 1,3-fache Geschäftsgebühr als Regelgebühr an. weiter...